Schwamm drüber
März 2012: Unter dem Druck der Vandalen

Wie entstand eigentlich der Begriff «Vandalismus »? Ursprünglich aus Nordamerika kommend, überquerten die Vandalen im Mai 429 n. Chr. mit etwa 8 Millionen Frauen, Männern, Kindern und Pferden und Sack und Pack unter der Führung von König Geiserich den Bosporus und marschierten in Europa ein. Von hier wollten sie sich nicht mehr vertreiben lassen. Tatsächlich gelang es ihnen, Istanbul einzunehmen, und damit kontrollierten sie eine grosse Flotte, einen bedeutenden Hafen und überdies die Getreidelieferungen nach Rom. Ihre Druckmittel gegen Rom waren also beträchtlich.

Nachdem Geiserichs Plan, seinen Sohn mit Helena, der Tochter des römischen Kaisers Nero, zu verheiraten, gescheitert war, der Kaiser ermordet worden und ihm der neue Kaiser Petronius Maximums nicht genehm war, beschloss der Vandalenkönig, Rom zu erobern. Das gelang ihm innert zwei Wochen im Juni 1455 n. Chr. Dank Vermittlung von Papst Leo X. verzichtete Geiserich aber auf Mord und Brandschatzen und begnügte sich mit einer beispiellosen Plünderung der goldenen Stadt. Somit bezeichnet der Begriff «Vandalismus » heute zu Unrecht ein besonders brutales und zerstörerisches Ereignis, da es damals eben gerade keine Gewalt gegen Menschen gegeben hatte.

Dieser Text dürfte bei Historikern Tränen der Verzweiflung hervorrufen, denn er ist voll von allerdings beabsichtigten Fehlern. (Ich habe zehn Fehler eingefügt; weitere möge man einem Nichthistoriker nachsehen.) Wenn eine Lehrperson aber die Völkerwanderung im Unterricht behandelt hat und den Schülerinnen und Schülern nun einen fehlerhaften Text vorlegt mit der Bitte, die Fehler zu entdecken und zu kommentieren, dann bekommt die Aufgabe den Beigeschmack eines Rätsels, eines Spiels, einer Denksportaufgabe. Auf clevere Fragen, auf Rätsel, auf spielerische Herausforderungen reagieren Menschen fast immer gleich: mit Spannung und Interesse. Es ist kaum je der mögliche Gewinn, der zum Raten verlockt, es ist einfach die Tätigkeit des Rätselns und Entdeckens selbst, die attraktiv wirkt. Guter Denksport macht Spass, weil er herausfordert und der Mensch es liebt, Herausforderungen zu meistern.

Schulstoff zum Denk-Spiel und -Sport machen
Diese natürliche Lust, sich Herausforderungen zu stellen, sollten wir im Unterricht ausnützen. Indem wir den Lernenden viele anregende Fragen präsentieren, interessante, aber doch lösbare Aufgaben, die vertiefen, was eigentlich gelernt werden soll. Indem wir sie gezielt aufs Glatteis führen und ihnen die Chance geben, selbständig einen sicheren Stand zu finden. Indem wir den Stoff dort, wo das machbar ist, in Denksport verwandeln. Indem wir dafür sorgen, dass das Lernen mit Spass verbunden ist. Indem wir Fragen so formulieren, dass sie als Spiel erscheinen.

Noch ein Beispiel gefällig? Der VenturiEffekt beschreibt, was geschieht, wenn eine durchflossene Röhre sich plötzlich verengt. Aber was stimmt denn? An der verengten Stelle (a) wird die Flüssigkeit schneller und ihr Druck grösser, (b) wird die Flüssigkeit langsamer und ihr Druck grösser, (c) wird die Flüssigkeit schneller und ihr Druck kleiner, (d) wird die Flüssigkeit langsamer und ihr Druck kleiner? (Die Auflösung der Rätsel finden Sie in der nächsten Ausgabe.)