Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
Februar 2018: Wer zuletzt stirbt, stirbt am besten
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Flavius Josephus war ein römisch-jüdischer Geschichtsschreiber, der unter anderem den grossen Aufstand der Juden gegen das römische Reich in den Jahren 66 – 70 beschrieb. Er selber war in diesen Aufstand auf dramatische Weise involviert. Denn nachdem die Römer die Wälle seiner Stadt Jotapata erstürmt hatten, floh Josephus in eine Zisterne, um sich zu verstecken. Dort traf er auf vierzig Aufständische. Da sich alle in einer scheinbar hoffnungslosen Lage befanden, fassten sie den Plan, sich gegenseitig umzubringen, um der gefürchteten Gefangenschaft zu entgehen. Und die Reihenfolge der Todeskandidaten sollte per Los entschieden werden. Soweit die geschichtliche Überlieferung.

In der Mathematik ist das folgende Problem als «Josephus-Problem» bekannt geworden: In einem Kreis stehen n Personen, die alle zu Tode kommen wollen. Um eine Reihenfolge festzulegen, nummeriert man die Personen und zählte jede zweite Person ab. Zuerst finden also die Personen mit den Nummern 2, 4, 6, 8, … den Tod. Ist man im Kreis einmal rundherum, fährt man mit dem nun geschrumpften Kreis genau so fort, zählt also weiterhin jede zweite Person ab, die sofort zu Tode kommt, bis nur noch eine einzige Person übrig ist, die dann als letzte (durch Selbstmord) ums Leben kommen soll.

Angenommen, es sind n = 6 Personen in der Zisterne. In der ersten Runde sterben die Personen 2, 4 und 6. Dann ist der Kreis kleiner und enthält nur noch die Personen mit den Nummern 1, 3 und 5. Da das Los weiterhin auf jede zweite Person fällt, stirbt als nächstes Nummer 3 und dann Nummer 1. Bis zum Schluss überlebt folglich die Person 5. Wir schreiben J(6) = 5, was bedeuten soll, dass beim Josephus-Problem mit 6 Personen die Person Nummer 5 bis zum Ende überlebt.

Angenommen, es befinden sich nun n = 12 Personen in der Zisterne. In der ersten Runde sterben die Personen 2, 4, 6, 8, 10 und 12 (fett dargestellt in der Abbildung links). Nun sind noch sechs Personen übrig (Nummern 1, 3, 5, 7, 9 und 11), die einen kleineren Kreis bilden (Abbildung rechts). Das Interessante ist, dass wir nun eigentlich die Vorgeschichte vergessen können, wir haben einfach ein Josephus-Problem mit sechs Personen vor uns, das wir ja schon gelöst haben: Dort hat Person Nummer 5 bis ans Ende überlebt. Allerdings war dort die Nummerierung anders. Wir müssen uns also fragen, wie man von der Nummerierung 1, 2, 3, 4, 5, 6 zu der neuen Nummerierung 1, 3, 5, 7, 9, 11 kommt. Ganz einfach: Man muss jede Zahl verdoppeln und vom Resultat 1 subtrahieren. So geht dann 1 in 1, 2 in 3, 3 in 5 und so weiter über. Wir können also schliessen, dass J(12) sich aus J(6) ebenso berechnen lässt: Man muss, um J(12) zu erhalten, J(6) (also die Zahl 5) verdoppeln und vom Resultat 1 abziehen. Das ergibt: J(12) = 9. Tatsächlich überlebt beim Josephus-Problem mit 12 Personen die Person Nummer 9 bis zum Schluss.

Nun zurück zur Geschichte. Wenn bei 41 Personen dieselbe Regel angewendet wird, wo müsste sich Josephus dann hinstellen, um bis ans Ende überleben zu können?

Armin P. Barth ist Gymnasiallehrer an der Kantonsschule Baden und Autor. Die Lösung erscheint am nächsten Dienstag auf der Seite Leben&Wissen.