Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
21.12.2017: Da haben Sie das Geschenk!
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Als kleiner Junge war das Weihnachtsfest das Grösste für mich, und – ich gebe es zu – die Geschenke spielten dabei eine ganz wesentliche Rolle. Nicht selten sass ich im Kerzenlicht am Fuss des Christbaums und musterte die Geschenke so eindringlich, als hätten sie, wenn ich sie nur lange genug anstarren würde, gar keine andere Wahl, als mir ihr Geheimnis zu offenbaren. Natürlich passierte das jedes Mal nicht, und so blieb es bei dem warmen, glücklichen, unbezahlbaren Gefühl der Vorfreude, das anhielt bis zum Moment der Bescherung. Und heute denke ich, die Vorfreude und die Tatsache, beschenkt zu werden, waren so viel wichtiger als der Inhalt der Geschenke.

Weihnachten steht auch jetzt wieder vor der Tür, und darum ist auch diese Ausgabe der Kolumne Café Mathe „weihnächtlich eingestellt“. Schliesslich kann das erfolgreiche Bearbeiten eines mathematischen Problems ebenso Freude ins Gemüt und Glanz in die Augen zaubern wie das Entgegennehmen eines ganz besonderen Geschenkes.

Stellen wir uns vor, unter dem Christbaum liegen zwei Geschenke, in buntes Papier eingewickelt und je mit einem roten Band verziert. Beide Geschenke sind quaderförmig, aber sie haben nicht dieselben Abmessungen. Bei beiden Geschenken ist die Verschnürung genau so wie in der Abbildung; insbesondere gibt es also keine Schleife. Wir dürfen die Geschenke noch nicht öffnen, aber angetrieben von unserer Vorfreude untersuchen wir sie ein wenig. Wir tasten sie ab, heben sie an und schätzen ihr Gewicht, wir riechen an ihnen, wir schütteln sie ganz vorsichtig und achten auf die Geräusche, die das Schütteln verursacht. Schliesslich messen wir sie sogar aus und machen eine verblüffende Feststellung: Die Abmessungen (Länge, Breite, Höhe) beider Geschenke sind ganzzahlig. Und beide Pakete habe exakt dasselbe Volumen. Und wenn wir sie später öffnen, werden wir zudem feststellen, dass das rote Band bei beiden exakt dieselbe Länge aufweist.

Weitere Nachforschungen ergeben schliesslich, dass es sich um die kleinsten Pakete handelt, bei denen diese Eigenschaften alle zutreffen. Die Frage stellt sich, was denn die genauen Abmessungen dieser beiden Pakete sind. Können Sie das herausfinden?

Da haben Sie das Geschenk, nicht wahr!? Das ist nämlich gar nicht so einfach. In der Hoffnung, dass Ihnen das Knobeln Freude bereitet, wünsche ich allen Leserinnen und Lesern schöne und friedvolle Weihnachtstage und schon jetzt alles Gute zum Neuen Jahr. Nebenbei: Diese Kolumne läuft jetzt schon im zehnten Jahr. Ein besonderes Dankeschön an alle Leserinnen und Leser für Ihre Treue.

Armin P. Barth ist Gymnasiallehrer an der Kantonsschule Baden und Autor. Die Lösung erscheint am nächsten Dienstag auf der Seite Leben&Wissen.