Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
30.11.2017: Wo laufen sie denn hin?

In dem berühmten Sketch „Auf der Rennbahn“ (Abbildung) stellt ein völlig ahnungsloser und leicht dümmlicher Zuschauer immer wieder diese Frage. Wo laufen sie denn hin? Allerdings bezog sich die Frage auf die Pferde. Hier aber wollen wir sie einmal auf Zahlen beziehen. Dazu denken wir uns irgendeine natürliche Zahl als Startzahl, zum Beispiel 19. Nun erzeugen wir laufend neue Zahlen nach einer ganz einfachen Regel: Falls unsere aktuelle Zahl gerade ist, so halbieren wir sie. Falls unsere aktuelle Zahl aber ungerade ist, so verdreifachen wir sie und addieren zum Ergebnis noch 1. Auf diese Weise entsteht eine Folge von Zahlen, die irgendwohin läuft…

Wir beginnen ja mit 19, einer ungerade Zahl. Darum müssen wir sie verdreifachen und dann noch 1 dazu zählen; das ergibt die neue Zahl 58. Da diese gerade ist, müssen wir sie halbieren; das ergibt die dritte Zahl 29. Daraus wird dann 88, daraus 44, daraus 22, daraus 11, und so weiter. Hier sind die ersten siebzehn Zahlen unserer Folge:

19, 58, 29, 88, 44, 22, 11, 34, 17, 52, 26, 13, 40, 20, 10, 5, 16, …

Wo laufen sie denn hin? Nun, bis hier wirkt die Zahlfolge eher chaotisch. Aber 16 ist eine Zweierpotenz, und diese muss nun viermal halbiert werden, so dass auf die 16 diese neuen Zahlen folgen: 8, 4, 2, 1, 4, 2, 1, 4, 2, 1, … Es ist also klar, wohin unsere Zahlen laufen: Sie verfangen sich in dem nie endenden Zyklus 4, 2, 1. Daraus gibt es kein Entrinnen mehr.

Sofort stellt sich die Frage, was geschehen wäre, wenn wir mit einer anderen natürlichen Zahl begonnen hätten. Interessanterweise geschieht immer dasselbe; bei jeder nur erdenklichen Startzahl läuft die Folge in Richtung dieses nie endenden Zyklus. Genau genommen ist das aber bis zum heutigen Tag nicht bewiesen worden, es ist nur so, dass man auch mit Computerhilfe keine Startzahl hat finden können, die nicht im Zyklus 4, 2, 1 endet. Die sogenannte Collatz-Vermutung, wonach jede Startzahl dasselbe Schicksal ereilt, ist seit ihrer ersten Erwähnung im Jahr 1950 ungelöst. Verschiedentlich sind Preise für einen Beweis ausgeschrieben, aber bis dato nicht abgeholt worden. Der ungarische Mathematiker Paul Erdős meinte, die Mathematik sei nicht bereit für ein solches Problem, es sei hoffnungslos, absolut hoffnungslos.

Viel weniger hoffnungslos ist eine andere Zahlspielerei. Diesmal beginnen wir mit vier verschiedenen natürlichen Zahlen, zum Beispiel 2, 7, 15 und 24. Und wir bilden die Beträge der aufeinanderfolgenden Differenzen. Was das heissen soll? Die Differenz der ersten und zweiten Zahl ist 5. Die Differenz der zweiten und dritten Zahl ist 8. Die Differenz der dritten und vierten Zahl ist 9. Und die Differenz der vierten und ersten Zahl ist 22. Dabei achten wir darauf, dass bei der Differenzbildung nie negative Zahlen entstehen. Aus den ursprünglichen vier Zahlen sind also vier neue Zahlen entstanden: 5, 8, 9, 22. Nach diesem Muster fahren wir nun immer fort und fragen uns: Wo laufen sie hin? Wo laufen denn die Zahlen hin? Können Sie das herausfinden?

Armin P. Barth ist Gymnasiallehrer an der Kantonsschule Baden und Autor. Die Lösung erscheint am nächsten Dienstag auf der Seite Leben&Wissen.