Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
09.07.2016 Wer gewinnt?
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Die Spieltheorie ist eine mathematische Teildisziplin, die Entscheidungssituationen untersucht, in denen sich mehrere Beteiligte (Spieler) gegenseitig beeinflussen und dabei durch rationale Strategien ein bestimmtes Ziel anstreben. Einfacher gesagt: Es gibt immer mindestens zwei Spieler, es gibt Spielregeln, und es gibt etwas zu gewinnen. Gerade weil dieses Setting so allgemein gehalten ist, hat die Spieltheorie viele Anwendungen, vor allem in den Wirtschaftswissenschaften, im Operations Research, in den Politikwissenschaften und anderen Gebieten. Den Grundstein für die Spieltheorie legte John von Neumann durch seinen Beweis des Min-Max-Theorems im Jahr 1928, und 1944 schilderte er zusammen mit Oskar Morgenstern in einem Buch den Zusammenhang zwischen Spieltheorie und wirtschaftlichem Verhalten. Die enorme Bedeutung der Spieltheorie für die Wirtschaft zeigt sich auch darin, dass schon mehrfach für spieltheoretische Arbeiten der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften vergeben worden ist, zum ersten Mal 1994 an John Nash und andere.

Die Abbildung zeigt ein Beispiel aus der Spieltheorie. Auf dem abgebildeten Spielfeld liegt links unten, auf dem Feld A1, ein Spielstein. Zwei Spieler, Alice und Bob, ziehen den Stein abwechselnd, und Alice beginnt. Jeder darf bei seinem Zug den Stein eine beliebige Anzahl Felder nach rechts oder aber eine beliebige Anzahl Felder nach oben ziehen. Sieger ist, wer das Zielfeld mit dem „Z“ erreicht. Wer hat eine Gewinnstrategie und welche? Um das zu beantworten, denken wir uns, dass der Stein auf irgendeinem der Felder liegt und Alice am Zug ist. Wir schreiben ein Pluszeichen ins Feld, wenn Alice von dort sicher gewinnen kann, und ein Minuszeichen, falls Bob gewinnen kann, egal, welchen Zug Alice nun macht. Beispielsweis ist jedes Feld in der obersten Zeile und auch jedes in der Spalte ganz rechts günstig für Alice, weil sie dann mit einem Zug gewinnen kann. Das Feld E3 ist aber schlecht für Alice, weil sie mit ihrem Schritt nur entweder F3 oder E4 erreichen kann, und beide Male könnte dann Bob sofort gewinnen.

Man könnte auch sagen: Alice sollte unbedingt dafür sorgen, dass der Stein, wenn Bob am Zug ist, auf einem Minus-Feld liegt, denn dann muss Bob ihn zwingend auf ein Plus-Feld befördern, welches günstig für Alice ist. Die Analyse zeigt, dass Alice eine sichere Gewinnstrategie hat. Sie muss dazu nur im ersten Zug nach C1 ziehen und dann, was immer Bob tut, ein Minus-Feld ansteuern.

Hier ist ein ähnliches Spiel: Alice und Bob sitzen vor einer Tafel Schokolade mit m Zeilen und n Spalten und ziehen abwechselnd, beginnend bei Alice. Das Täfelchen oben rechts ist wiederum mit „Z“ markiert. Ein Zug besteht aus dem Wegbrechen (und Essen) eines Teils der Schokolade entlang irgendeiner Kante (einige Zeilen oder aber einige Spalten). Dabei darf das markierte Täfelchen oben rechts aber nie entfernt werden. Verlierer ist, wer am Ende nur noch das markierte Täfelchen oben rechts vor sich sieht und folglich nicht mehr ziehen kann. Wer hat eine Gewinnstrategie und welche?

Armin P. Barth ist Gymnasiallehrer an der Kantonsschule Baden und Autor. Die Lösung erscheint am nächsten Dienstag auf der Seite Leben&Wissen.