Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
07.05.2016 Von Schafen, Resten und Primzahlen

Addiert man 7 zu 21, so erhält man 4. Multipliziert man 3 mit 8, so ergibt das 0. Wenn Sie jetzt denken, der Autor dieser Kolumne sei übergeschnappt, so seien Sie beruhigt: Diese Art von Arithmetik ist in der Mathematik weit verbreitet und heisst Modulo-Arithmetik. In ihr werden Additionen und Multiplikationen zunächst ganz „normal“ berechnet, dann aber wird der Rest nach Division durch eine bestimmte Zahl, den Modul, genommen. Angenommen, der Modul ist 24. Dann würde man die Addition 21 + 7 zunächst klassisch ausführen und 28 erhalten. Dann aber würde man als Resultat den Rest notieren, den man erhält, wenn man 28 durch 24 dividiert, also 4. Und analog müsste die Multiplikation von 3 mit 8 das Resultat 0 liefern, weil 24 nach Division durch den Modul 24 Rest 0 lässt.

So abwegig ist diese Arithmetik gar nicht. Wir benutzen sie täglich im Zusammenhang mit Uhrzeiten: Würde jemand um 21 Uhr gefragt, wie spät es in 7 Stunden sei, würde kein Mensch mit „28 Uhr“ antworten. Jeder würde automatisch Modulo-Arithmetik betreiben und mit „4 Uhr“ antworten. Und dreimal acht Stunden nach Mitternacht ist es tatsächlich 0 Uhr.

Der französische Mathematiker Pierre de Fermat (Abb.) hat etwas Erstaunliches entdeckt: Angenommen, der Modul sei eine Primzahl p. Dann wird die (p – 1)-te Potenz jeder natürlichen Zahl gleich 1 sein. Nehmen wir zum Beispiel die Primzahl p = 5. Dann ist also jede vierte Potenz einer natürlichen Zahl gleich 1. Und tatsächlich: Die vierte Potenz von 1 ist 1. Die vierte Potenz von 2 ist 16, der Rest nach Division durch 5 ist aber 1. Die vierte Potenz von 3 ist 81, der Rest nach Division durch 5 ist aber wieder 1, und so weiter.

Daraus kann man ein elegantes Verfahren basteln, um zu testen, ob eine Zahl eine Primzahl ist oder nicht: Angenommen, wir möchten wissen, ob p = 105107 eine Primzahl ist. Dann wählen wir einfach ein paar Zufallszahlen und berechnen von jeder die (p – 1)-te Potenz. Wenn eine einzige dieser Potenzen nicht den Wert 1 liefert, können wir sicher sein, dass p keine Primzahl ist, denn gemäss Fermat müsste bei einer Primzahl ja jede solche Potenz den Wert 1 liefern. Wenn aber alle Potenzen auf 1 führen, so besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass p eine Primzahl ist. Warum das? Nun, man kann beweisen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Test sich bei einer einzigen Zufallszahl irrt, weniger also 50% ist. Bei zehn Zufallszahlen sinkt die Irrtumswahrscheinlichkeit damit auf unter 1 Promille, bei 50 Zufallszahlen auf praktisch 0. Tests dieser Art nennt man Monte-Carlo-Tests, und sie sind in der Mathematik von unschätzbarem Wert.

Hier ist eine schöne Aufgabe aus der Modulo-Arithmetik: Im alten China hüten drei Hirten, Mao, Tse und Tung, eine Schafherde. Eines Tages erscheint der Steuereintreiber und will wissen, wie viele Schafe es sind. Mao, Tse und Tung geben der Reihe nach die Antworten 1, 4 und 18. Nun muss man wissen, dass die Hirten nur Modulo-Arithmetik beherrschen, Mao mit Modul 9, Tse mit Modul 10 und Tung mit Modul 19. Der Steuereintreiber schüttelt verärgert den Kopf und schätzt die Herde (wie üblich leicht übertrieben) auf 1500 Tiere. Wie gross ist die Herde wirklich?

Armin P. Barth ist Gymnasiallehrer an der Kantonsschule Baden und Autor. Die Lösung erscheint am nächsten Dienstag auf der Seite Leben&Wissen.