Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
05.03.2016 Grosse Zahlen

In einer alten Ausgabe der Comic-Serie „Peanuts“ fragt Lucy ihren Angebeteten Schroeder, wie gross wohl die Wahrscheinlichkeit sei, dass sie beide eines Tages heiraten würden, und Schroeder erwiderte: „Etwa ein Googol zu eins.“ Ein Googol? Das Wort war vom neunjährigen Neffen des amerikanischen Mathematikers Edward Kasner genannt worden, nachdem dieser den Jungen gebeten hatte, einen Namen für die Zahl 10100 zu erfinden. Durch leichte Abwandlung sollte spä-ter daraus der Firmenname „Google“ werden. Ein Googol ist eine wirklich grosse Zahl, eine Eins, gefolgt von hundert Nullen, unvorstellbar riesig. Würde man pro Sekunde einen Schritt von einem Meter Länge tun, so hätte man nach zehn Milliarden Sekunden 250mal die Erde umrundet; ein Googol ist aber 1090 mal grösser als zehn Milliarden.

Weil in naturwissenschaftlich-technischen Bereichen grosse Zahlen sehr häufig sind, wurde die sogenannte wissenschaftliche Notation entwickelt: Statt 33‘500‘000‘000‘000‘000 schreibt man etwa 3.35⋅1016, also 3.35, gefolgt von sechzehn Multiplikationen mit 10. Damit lassen sich grosse Zahlen besonders platzsparend schreiben. Ein Lichtjahr wird damit zu 9.46⋅1012 Kilometern, die Menge an Wasser sämtlicher Ozeane der Erde wird zu 1.5⋅1018 Tonnen, die Anzahl Wassermoleküle in einem Liter Wasser wird zu 3.3⋅1025, die Anzahl Kerzen, die nötig wären, um Licht von der Helligkeit der Sonne zu erzeugen, wird damit zu 3⋅1027.

Der griechische Mathematiker Archimedes (287 – 212 v. Chr.) war wohl der erste, der sich mit grossen Zahlen beschäftigte. In einer Schrift, die er König Gelon von Syrakus widmete, schätzte er unter anderem die Anzahl Sandkörner ab, die in einer Kugel Platz fänden, die so gross ist wie der ganze Kosmos und erhielt die Zahl 1063. Das ist aus verschiedenen Gründen bemerkenswert: Einerseits war für Archimedes der Kosmos noch eine Kugel, deren Mittelpunkt die Erde und deren Radius die Verbindungslinie zwischen Erde und Sonne ist. Der Kosmos war also viel zu klein, und es wurde schon damals (von Aristarch und anderen) die Vermutung aufgestellt, die Sonne bilde das Zentrum des Kosmos – eine Erkenntnis, die später leider wieder abgelehnt wurde. Andererseits hat Archimedes in seiner Sandrechnung Symbole und Namen neuer Zahlen ein-geführt, die so gross waren, dass sie die Alltagsvorstellungen der Griechen sprengten, hatten doch vorher für Zahlen grösser als 10‘000 weder Namen noch Symbole existiert. Zudem hatte die Art und Weise, wie Archimedes diese neuen Zahlen schuf, die damals noch ungewohnte Vorstellung befeuert, dass es für die Grösse von Zahlen keine theoretische Höchstgrenze gibt.

Übrigens: Die grösste im antiken Griechenland benutzte Zahl war 10‘000, die als ‚Myriade‘ bezeichnet wurde. Archimedes führte dann das Wort ‚Oktade‘ eine für eine Myriade Myriaden. Und die grösste Zahl, die er in seiner Sandrechnung erfand, war eine Oktade, die mit einer Oktade potenziert wird. Was meinen Sie, wie gross ist diese Zahl? Wie lautet sie in der wissenschaftlichen Notation?

Armin P. Barth ist Gymnasiallehrer an der Kantonsschule Baden und Autor. Die Lösung erscheint am nächsten Dienstag auf der Seite Leben&Wissen.