Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
02.05.2015: Mathematische Partys
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Frank Plumpton Ramsey war ein Mann von überragender Intelligenz. Der 1903 in Cambridge geborene Mathematiker schaffte es zum Beispiel, in nur einer Woche Deutsch zu lernen und zwar so gut, dass er Wittgensteins Tractatus Logico-Philosophicus lesen konnte, eine Lektüre, die selbst Menschen mit deutscher Muttersprache schwer fallen kann. Leider starb Ramsey schon im Alter von 26 an einer Hepatitis. In der kurzen Spanne seines Lebens aber erschuf er faszinierende Mathematik. Ein Beispiel gefällig?

Gegeben seien zwei ganze Zahlen p und q. Wir fragen, wie viele Personen an einer Party mindestens anwesend sein müssen, damit sich mit Sicherheit entweder p Personen finden lassen, die sich alle gegenseitig kennen oder aber q Personen, die sich alle gegenseitig nicht kennen? Die gesuchte Zahl nennt man Ramsey-Zahl und notiert sie in der Form R(p,q). Wählen wir zum Beispiel p=2 und q=2. Wie gross muss eine Party sein, damit es sicherlich zwei Gäste gibt, die sich kennen oder aber zwei, die sich nicht kennen? Natürlich reichen hierfür zwei Personen aus, denn entweder kennen sich die beiden oder eben nicht. Folglich ist R(2,2)=2.

Versuchen wir ein schwierigeres Beispiel: Was ist R(3,3)? Wir suchen also die Mindestgrösse einer Party, so dass mit Sicherheit entweder drei Personen dabei sind, die sich alle kennen oder aber drei, die sich alle nicht kennen. Reichen dafür drei Personen A, B, C schon aus? Nein, sicher nicht, denn es könnte ja sein, dass sich A und B kennen, dass beide aber C nicht kennen. Geht es mit vier Personen? Nein, auch nicht, denn wir könnten sie an einen viereckigen Tisch setzen und es wäre möglich, dass sich alle Sitznachbarn kennen, dass einander gegenübersitzende Personen sich aber nicht kennen. Dann finden wir keine drei, die sich gegenseitig alle kennen oder nicht kennen. Ebenso leicht kann man sich überlegen, dass auch fünf Personen nicht ausreichen. Geht es mit sechs Personen?

Ja, in der Tat. Dazu verbinden wir zwei Personen mit einer durchgezogenen Linie, wenn sie sich kennen und mit einer gestrichelten, wenn sie sich nicht kennen (Abbildung). Sei X irgendeine dieser Personen. Da von X aus fünf Linien weggehen, muss es mindestens drei gleichartige Linien geben, zum Beispiel durchgezogene zu den Personen A, B, C. Betrachten wir nun A, B, C: Wenn sich zwei davon kennen, so haben wir – mit X zusammen – eine Dreiergruppe von Bekannten gefunden. Wenn sich aber alle drei nicht kennen, dann haben wir eine Dreiergruppe von Personen gefunden, die sich nicht kennen. Es ist also R(3,3)=6.

Das Faszinierende an den Ramsey-Zahlen ist unter anderem, dass die meisten bis zum heutigen Tag unbekannt sind. Zum Beispiel weiss man nur, dass R(4,6) zwischen 35 und 41 liegt, aber den genauen Wert kennt man nicht. Ebenso kennt niemand den exakten Wert von R(5,5). Falls Sie diese Fragen reizen: R(2,17) ist bekannt und ganz leicht herauszufinden. R(3,4) ist auch bekannt, aber ziemlich viel schwieriger.

Armin P. Barth ist Gymnasiallehrer an der Kantonsschule Baden und Autor. Die Lösung erscheint am nächsten Dienstag auf der Seite Leben&Wissen.