Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
07.12.2013: Den Weihnachtsbaum mathematisch schmücken
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FAMILIE TCHOUKAILLON., in deren Stube wir heute einen Blick werfen dürfen, ist damit beschäftigt, die Vorbereitungen für das traditionelle Schmücken des Christbaumes zu treffen. Der Vater hat soeben vier Schachteln aus dem Keller herauf geschleppt, die in der Abbildung der Reihe nach mit 1, 2, 3 und 4 beschriftet sind. Schachtel 1 enthält vier Christbaumkugeln, Schachteln 2 und 3 enthalten je zwei Kugeln und Schachtel 4 ist leer, weil letztes Jahr einige Kugeln zerbrochen sind. Da Kevin, der Sohn, viel Freude an Mathematik hat, haben Herr und Frau Tchoukaillon beschlossen, das Schmücken des Baumes dieses Jahr mit einem mathematischen Rätsel zu verbinden. Sie rufen Kevin zu sich und erklären ihm den Ablauf des Spiels:

In jedem Schritt soll Kevin eine der vier Schachteln auswählen und alle darin enthaltenen Kugeln in die Hand nehmen. Mit diesen soll er auf den Baum zugehen und der Reihe nach in jede nachfolgende Schachtel, an der er vorbei kommt, eine Kugel ablegen, aber so, dass er dann, wenn er den Baum erreicht, noch genau eine Kugel übrig hat, die er an den Baum hängen kann. Um sicherzugehen, dass er es richtig verstanden hat, fragt Kevin: «Okay, dann kann ich also zum Beispiel mit Schachtel 1 beginnen, alle vier Kugeln in die Hand nehmen, dann in jede der Schachteln 2, 3 und 4 je eine Kugel ablegen und die letzte Kugel an den Baum hängen, oder!?» «Das stimmt», bestätigt die Mutter, «aber du dürftest zum Beispiel nicht mit Schachtel 2 beginnen, denn von den darin enthaltenen zwei Kugeln müsstest du ja eine in Schachtel 3 und eine in Schachtel 4 ablegen und dann hättest du keine mehr für den Baum.» «Und übrigens», ergänzt der Vater, «müssen am Ende alle Schachteln leer sein und somit alle Kugeln am Baum hängen.»

Kevin überlegt sich, dass es nicht klug wäre, mit Schachtel 1 zu beginnen. Denn obwohl dieser Schritt regelkonform wäre – er könnte ja je eine Kugel in die Schachteln 2, 3 und 4 legen und danach die letzte an den Baum hängen – hätte er im weiteren Verlauf des Spiels ein Problem: Schachtel 3 wäre dann nämlich übervoll, und es wäre ihm nicht mehr möglich, sie regelkonform zu leeren.

Darum beginnt er mit Schachtel 3, entnimmt die beiden Kugeln, legt eine in Schachtel 4 und hängt die zweite an den Baum. Die vier Schachteln enthalten nun der Reihe nach 4, 2, 0, 1 Kugeln. Dann leert Kevin Schachtel 4 und erreicht die Situation 4, 2, 0, 0. Darauf leert er Schachtel 1 und erhält 0, 3, 1, 1. Darauf geht es so weiter: 0, 3, 1, 0, dann 0, 0, 2, 1, dann 0, 0, 2, 0, dann 0, 0, 0, 1 und schliesslich 0, 0, 0, 0. Alle Kugeln hängen also am Baum und funkeln in der Vorfreude auf Weihnachten. Angenommen, Herr Tchoukaillon hätte 10 Kugeln aus dem Keller geholt, auf wie viele Schachteln müssten diese dann verteilt sein und wie viele Kugeln müsste jede einzelne Schachtel enthalten, damit Kevin das Problem lösen könnte? Und ist die Lösung überhaupt eindeutig?

Armin P. Barth ist Gymnasiallehrer an der Kantonsschule Baden und Autor.

Die Lösung erscheint auf der Lesebriefseite am Montag, 9. Dezember.