Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
07.09.2013: Wer hat Angst vorm logischen Denken?
20130907

DIE LOGIK spielt beim Denken von uns Menschen eine eher untergeordnete Rolle. Angenommen, jemand hat einen Krimi gelesen und verrät uns nun Folgendes über den Inhalt: «Entweder ist der Butler der Mörder oder der Gärtner ist der Mörder. Und: Entweder ist der Butler nicht der Mörder oder der Chauffeur ist der Mörder.» Was können wir dann logisch daraus schliessen? Mit solchen Fragen tun sich Menschen eher schwer. Tatsächlich können wir schliessen, dass der Gärtner der Mörder sein muss … Der englische Psychologe Peter C. Wason (1924–2003) hat die systematischen menschlichen Denkfehler empirisch untersucht. Nach ihm benannt ist der folgende Wason Selection Task: Stellen Sie sich vor, es liegen vier Kärtchen auf dem Tisch, das erste zeigt die Aufschrift A, das zweite F, das dritte 8 und das vierte 7. Und jemand verrät uns, dass die Kärtchen auch auf der Rückseite ein Symbol tragen, dass jedes Kärtchen auf einer Seite eine Zahl und auf der anderen einen Buchstaben trägt und dass bei den Aufschriften die folgende Regel befolgt worden ist: Falls eine Seite einen Vokal zeigt, dann befindet sich auf der anderen Seite eine gerade Zahl. Welche Kärtchen müssen wir umdrehen, um zu überprüfen, ob diese Regel wirklich streng eingehalten wurde?

Wir müssen sicherlich Kärtchen A umdrehen, um zu prüfen, ob auf der anderen Seite wirklich eine gerade Zahl steht. Die Kärtchen F und 8 können uns egal sein. Hingegen sollten wir unbedingt auch Kärtchen 7 umdrehen, denn falls wir auf der Rückseite einen Vokal fänden, wäre die Regel ja verletzt. Wasons Untersuchung ergab, dass nicht einmal 10% aller Probanden das Rätsel richtig zu lösen vermochten. Allerdings wurde die Erfolgsquote massiv erhöht, als er das Rätsel «einkleidete», es also bei unveränderter Problemstruktur um Alltagsbezüge ergänzte: Angenommen, in einem Nachtclub gilt folgende Regel: Falls eine Person Alkohol trinkt, muss sie mindestens 18 Jahre alt sein. Nun treffen wir auf vier Personen. Die erste trinkt Alkohol, die zweite trinkt Cola, die dritte ist 19 und die vierte 16 Jahre alt. Welche Personen müssen wir überprüfen? Nun ist das Rätsel in der Tat sehr einfach geworden: Wir müssen das Alter der ersten Person überprüfen und zudem prüfen, ob die vierte Person Alkohol trinkt. Die beiden anderen können uns egal sein. Dieses Experiment machte deutlich, dass menschliches Denken sehr bereichsspezifisch ist. Obwohl die beiden Rätsel isomorph sind, können wir unsere Kompetenz, die wir in einem Inhaltsgebiet haben, nicht ohne weiteres auf ein anderes übertragen.

Hier ist ein weiteres Logikrätsel von Wason: Sie sehen vor sich die vier Kärtchen der Abbildung. Ich verrate Ihnen, dass ich mir eine Farbe (schwarz oder weiss) und auch eine Form (Kreis oder Quadrat) gemerkt habe. Eine Karte, die genau eine dieser beiden Eigenschaften hat, nenne ich «speziell». Und ich verrate Ihnen weiter, dass das schwarze Quadrat speziell ist. Gibt es noch andere spezielle Kärtchen? Welche?

Armin P. Barth ist Gymnasiallehrer an der Kantonsschule Baden und Autor. Die Lösung erscheint auf der Lesebriefseite am Montag, dem 9. September.

Lösung vom 6. August 2013: (5,6), (8,9), (15,16), (77,78).