Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
08.02.2011: Warum manche Raser länger leben

IN EINEM «STAR TREK»-FILM kann man verfolgen, wie im Jahr 2368 die überlebenden Romulaner eines im Föderationsraum gestrandeten Forschungsschiffes versuchen, die USS Enterprise mit einer Myon-Rückkopplungswelle zu zerstören. Was das genau sein soll, erfährt man natürlich nicht. Schliesslich wird diese Technologie erst in gut 300 Jahren zur Verfügung stehen. Heute wissen wir erst, dass Myonen Elementarteilchen sind, die den Elektronen ähnlich, aber etwa 200-mal schwerer sind. Wie die Elektronen sind auch die Myonen negativ geladen, und sie entstehen in den oberen Schichten der Erdatmosphäre, also in etwa 10 Kilometer Höhe, durch Wechselwirkung der Protonen mit der kosmischen Strahlung.

Die 1936 von Carl D. Anderson entdeckten Myonen sind äusserst kurzlebige Geschöpfe. Ruhende Myonen haben nämlich eine mittlere Lebensdauer von 2,2 Mikrosekunden, also 2,2 Millionstel einer Sekunde. Wie weit kommen sie in dieser Zeit? Nun, da ein Myon mit einer Geschwindigkeit von 99,94% der Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist, also 299 820 Kilometer pro Sekunde zurücklegt, schafft es in der erwähnten Zeit gerade mal 660 Meter. Die Erdoberfläche ist so weit entfernt, dass hier unten praktisch keine der in 10 Kilometer Höhe entstandenen Myonen anzutreffen sein sollten; oder sind Sie schon einmal einem Myon begegnet?

Ja, eigentlich dauernd, aber wir merken es nicht. Auf der Erdoberfläche «leben» nämlich noch immer etwa 50% der ursprünglich in 10 Kilometer Höhe gebildeten Myonen; das kann durch Messungen zweifelsfrei nachgewiesen werden. Die Raserei verlängert also offenbar die Lebensdauer der Teilchen. Wie kann das sein? Nun, es geschieht in Übereinstimmung mit der speziellen Relativitätstheorie von Albert Einstein. Diese sagte voraus, dass schnell bewegte Objekte gegenüber den ruhenden eine Zeitdilatation erfahren und dass diese «langsamer gehende Zeit» desto spürbarer ist, je näher die Geschwindigkeit an die Lichtgeschwindigkeit herankommt. Berechnungen (vgl. oben rechts) zeigen: Wenn für ein ruhendes Myon 1 Sekunde vergehen würde, würden für das rasende Myon aus Sicht des ruhenden Beobachters nur etwa 0,0346. . . Sekunden vergehen. Das rasende Myon lebt also etwa 30-mal länger als das ruhende, und in dieser «langen» Zeit kann es die Erdoberfläche erreichen.

Dass Raser im menschlichen Autoverkehr nicht länger leben, liegt ironischerweise daran, dass Menschen viel zu langsam unterwegs sind, als dass die Zeitdilatation sich spürbar auswirken könnte. Bei Menschen lohnt es sich unter allen Umständen, nicht zu rasen! Wenn nun ein Flugzeug mit einer Geschwindigkeit von 10 000 Kilometern pro Stunde unterwegs ist, wie viel Zeit vergeht dann im Flugzeug aus der Sicht eines ruhenden Beobachters auf der Erde, wenn bei diesem 1 Stunde vergeht? (1971 konnten amerikanische Physiker die Zeitdilatation tatsächlich anhand von Uhren in Linienflugzeugen nachweisen.)

Lösung von 4. Januar 2011: Hat die 1. Zahl die Ziffern a, b, c, so hat sie den Wert 100a +10b + c. Die 2. Zahl hat dann den Wert 100c +10b + a. Subtrahiert man die eine von der anderen, entsteht ein Vielfaches von 99.