Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
07.12.2010: Equus mathematicus

EIN PFERD der seltenen Rasse Equus mathematicus hält sich mit Vorliebe in einem schachbrettartigen Gelände auf. Wenn es etwa ein Gelände wie das in der Abbildung links sieht, springt es ausgelassen auf irgendeines der sechzehn Felder und von dort dann immer weiter, von Feld zu Feld. Dabei befolgt es sorgsam die Regel, der auch ein Springer beim Schachspiel unterworfen ist, das heisst, ein Sprung besteht immer darin, dass es zuerst ein Feld «geradeaus » und dann ein Feld «schräg» springt. (Von Feld 1 aus gibt es also mögliche Sprünge nach 7 oder 10, von Feld 2 aus nach 9, 11 oder 8 usw.). Besondere Freude empfindet unser Pferd, wenn es alle vorkommenden Felder bespringen kann, und zwar jedes genau einmal. Geht das? Geht das immer bei einem Gelände aus n×n Feldern? Ein Gelände aus 2×2 Feldern eignet sich dafür sicher nicht; einmal auf diesem Gelände angekommen, kann das Pferd keinen einzigen weiteren Sprung machen. Auch über eine Wiese aus 3×3 Feldern wäre unser Pferd nicht glücklich: Die 8 Felder aussen herum kann es zwar alle mit Rösselsprüngen besuchen, aber das Feld in der Mitte bleibt unerreichbar. Wie sieht es mit einer Wiese aus 4×4 Feldern (Abb. links) aus? Wenn Sie, liebe Leser, selber darüber nachdenken möchten, sollten Sie hier nicht weiterlesen.

Nehmen wir an, Feld 1 sei weder Start noch Ziel. Zu Feld 1 kann unser Pferd nur von 7 oder 10 aus gelangen, und beim Verlassen von 1 muss es wieder auf einem dieser beiden Felder landen, dem noch nicht besuchten natürlich. Da auch 16 nur von 7 und 10 aus erreichbar ist, können wir sicher sein, dass in der Sprungfolge des Pferdes die vier Zahlen 7, 1, 10, 16 irgendwie hintereinander stehen, so oder in einer anderen möglichen Reihenfolge. Zudem: Ist das Pferd nach Besuch von 1 auf 16 angekommen, gibt es von dort kein Fortkommen mehr, weil 7 und 10 schon besucht worden sind. Also müssen die vier Felder 7, 1, 10, 16 das Ende oder den Anfang der ganzen Sprungfolge bilden. Analog kann man einsehen, dass die vier Felder 6, 4, 11, 13 ebenfalls irgendwie hintereinander stehen und den Anfang oder das Ende der Sprungfolge bilden müssen. Bleiben noch acht Felder für das Mittelstück der ganzen Springerei, nämlich 2, 8, 15, 9 einerseits und 3, 12, 14, 5 andererseits. Da es keine Möglichkeit gibt, mit einem Rösselsprung von der einen in die andere Feldergruppe zu springen, ist es für unser Pferd leider unmöglich, das ganze 4×4-Gelände in der verlangten Art zu bespringen. 
Geht es denn nie? Doch! Wenn Sie herausfinden wollen, wie ein Gelände aus 5×5 Feldern mit Rösselsprüngen vollständig «abgearbeitet» werden kann, sollten Sie die Mitteilung zusammensetzen, die sich in der Abbildung rechts verbirgt.  

Lösung vom 9. November: Volumen nach x Tagen: (800-2x)(400-x)(120-0.4x). Weggeschmolzen nach 300 Tagen.