Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
09.02.2010: Zwei Gründe, warum Mathematiker Tauben mögen

PETER, DEN ICH KÜRZLICH zu einem Essen im Restaurant getroffen habe, erzählte mir von einem neuen Klub, dem er beigetreten war. Der Klub hatte mit ihm nur sechs Mitglieder, und drei dieser sechs Mitglieder waren untereinander verwandt. Peter wunderte sich so sehr darüber, dass er, als der Kellner kam, seine Menüwahl vergessen hatte und sich einfach meiner Wahl anschloss und Taube bestellte. Ich sagte, ich könne mich natürlich nicht zu seinem Klub äussern, aber ich könne mit Bestimmtheit sagen, dass unter beliebigen sechs Personen sich immer drei finden lassen, die entweder untereinander verwandt oder untereinander nicht verwandt sind. Das verwunderte Peter noch mehr, und er behauptete glatt, dass ich mich irren müsse. «Sieh mal», sagte ich und begann, eine Skizze auf der Serviette zu entwerfen, «wenn man irgend zwei Personen auswählt, so sind diese entweder miteinander verwandt oder nicht».

DIESE AUSSAGE war an Tiefsinn kaum zu überbieten! «Diese sechs Punkte stellen sechs Personen irgendeines Klubs dar, und P ist eine dieser Personen, zum Beispiel du, Peter,» Er nickte. «Wenn wir nun zwei Personen mit einer durchgezogenen Linie verbinden, wenn sie verwandt sind, und mit einer gestrichelten, wenn sie es nicht sind, dann müssen wegen dem Taubenschlagprinzip mindestens drei dieser Linien ...» «Taubenschlagprinzip?», unterbrach Peter, «das kenn ich. Wenn drei Tauben geflogen kommen und nur zwei Taubenschläge zur Verfügung stehen, dann müssen mindestens zwei Tauben im gleich Schlag landen» «Genau », sagte ich, «wir haben hier nur zwei Taubenschläge, nämlich, <Verwandt> und <nicht verwandt>, aber es kommen fünf Tauben - also Liniengeflogen, daher müssen mindestens drei der Linien vom gleichen Typ sein, nicht wahr?» «Genau», sagte Peter, «nehmen wir einmal an, drei Linien seien gestrichelt, die Personen A, Bund C also mit P nicht verwandt» «Okay», sagte ich, «nun gibt es zwei Fälle: Entweder sind A, Bund C untereinander alle verwandt, dann haben wir drei Personen gefunden, die alle untereinander verwandt sind.» «Oder?», drängte Peter. «Oder mindestens eine der Linien AB, AC oder BC ist gestrichelt. In diesem Fall ...» «.. gibt es zusammen mit P drei Personen, die untereinander nicht verwandt sind», rief Peter, entzückt über die klare Logik der Analyse.

GENAU IN DIESEM MOMENT brachte der Kellner die Tauben. Peter und ich brachen gleichzeitig in Lachen aus, unsicher, aus welchem Grund wir Tauben mehr mögen sollten, aus dem kulinarischen oder dem mathematischen. Möchten Sie, liebe Leser, das Taubenschlagprinzip üben? Dann skizzieren Sie doch einmal ein gleichseitiges Dreieck mit Seitenlänge 2. Wenn wir vier kleine gleichseitige Dreiecke mit Seitenlänge 1 wie Fliesen über das grosse Dreieck legen, dann lässt sich dieses perfekt überdecken. Was aber, wenn wir fünf kleine gleichseitige Dreiecke der Seitenlänge 0,99 nehmen, lässt sich das grosse Dreieck dann auch vollständig überdecken? Ja oder nein? Und warum?

Lösung der Kolumne vom 12. Januar: 34 Namensind zu sortieren. Nachdem im Text beschriebenen Verfahren sind dazu 33+32+...+1=561 Vergleiche nötig.