Café Mathe - eine Kolumne in der Aargauer Zeitung
18.08.2009: Schneller, kürzer, kompakter, billiger

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BIS VOR WENIGEN JAHREN benötigte das FBI, die amerikanische Bundespolizei, zur Lagerung der etwa 200 Millionen Fingerabdruckkarten gigantische Räume. Das war eine Platzverschwendung ohnegleichen und erschwerte zudem das effiziente Abwickeln der 30 000 bis 40 000 Anfragen, die täglich hereinfluten. Das Ziel drängte sich darum auf, alle Fingerabdrücke zu digitalisieren und elektronisch zu verwalten. Aber: Ein Fingerabdruck ist kein Text, sondern ein Bild, das eine ungefähre Datengrösse von 10 Megabytes hat. Und ein solcher Datenriese benötigt beim Verschicken einfach zu viel Zeit. Das FBI suchte darum die Zusammenarbeit mit Mathematikern, die es dank einer modernen mathematischen Erfindung (den Wavelets) schafften, die Daten so stark zu komprimieren – etwa um den Faktor 20 –, dass sie einfacher handhabbar wurden und viel schneller elektronisch verschickt werden konnten.

Das ist ein eindrückliches Beispiel für einen Prozess, der in der Mathematik überaus häufig ist: den Prozess des Optimierens. Bei allen möglichen alltäglichen und wissenschaftlichen Dingen geht es darum, schneller zu werden, billiger zu sein, mehr herauszuholen, weniger zu vergeuden oder – im Idealfall – das Optimum herauszuschlagen. Mühelos lassen sich ganz alltägliche Beispiele finden, etwa wenn wir ähnliche Waren so lange vergleichen, bis wir ein Maximum an Qualität für ein Minimum an Geld erstehen können, oder wenn wir zwanzig Blumentöpfe giessen müssen und uns überlegen, in welcher Reihenfolge wir das tun sollen, um den kürzestmöglichen Gesamtweg zurückzulegen. In der Praxis sind solche Beispiel noch viel häufiger: Ampeln sollten so programmiert sein, dass sie ein Maximum an Verkehr pro Zeit durch ein Netzwerk von Strassen schleusen können. Auf möglichst kleinen Computerchips sollen möglichst viele Schaltungen untergebracht werden. Ein Weltraumteleskop, das eine Unzahl von Sternen anvisieren und fotografieren soll, muss so programmiert werden, dass es beim Absuchen des Weltalls seine Drehbewegungen und Neueinstellungen der Linsen auf ein Minimum reduziert. Zur exakten oder wenigstens angenäherten Lösung solcher und ähnlicher Probleme hat die Mathematik im Laufe ihrer Geschichte kraftvolle Methoden entwickelt.

Möchten Sie sich selber an einem Optimierungsproblem versuchen? Bitte schön! Nach einem Schiffsbruch landen Alice und Bob auf einer Insel, die exakt die Form eines gleichseitigen Dreiecks hat. Bob liebt Strände und möchte darum seine Hütte an derjenigen Stelle der Insel bauen, von wo aus die Summe der Längen der drei (geraden, lotrechten) Wege zu den Dreiecksseiten minimal ist. Alice dagegen hofft, von den Ecken aus vorbeifahrende Schiffe anlocken zu können, und möchte ihre Hütte an derjenigen Stelle bauen, von wo aus die Summe der drei Weglängen zu den Ecken minimal ist. Wo muss Alice ihre, wo Bob seine Hütte bauen?

Lösung der Kolumne vom 21. Juli: Oberhalb der Wohnung 2009 ist die Wohnung mit der Nummer 1947.